Informationsethik: 10/2007

20 Oktober 2007

„Man sagt, Bibliotheken sind langweilig und Bibliothekare auch” ...

World Library and Information Congress: 73rd IFLA General Conference and Council
"Libraries for the future: Progress, Development and Partnerships"
19-23 August 2007, Durban, South Africa


So beginnt Richter Albie Sachs (Photo: mit Gen. von Adam Welz), eine der beeindruckendsten Personen des neuen Südafrika und einer der großen Bürgerrechtskämpfer des 20. Jahrhunderts, seine Rede bei der Eröffnung der WLIC Konferenz am 19. August 2007 im Großen Saal des Tagungsortes, dem Konferenzzentrum ICC von Durban.

Er erzählt von seinem Zugang zu Büchern und davon wie eine Bibliothek ihm half, geistig gesund zu bleiben, als er aufgrund des „90 day law“ ohne Anklage, ohne Prozess, ohne Kontakt zu Anwälten oder sonst jemandem sich monatelang in Einzelhaft befand.

Die Isolationshaft ist so schlimm, da sich außen keine Anhaltspunkte mehr finden, zu denen sich die Person in Beziehung setzen kann: Realität, Persönlichkeit und Identität gehen verloren. Die Reizdeprivation führt zur Orientierungslosigkeit, das eigene Gedächtnis ist der einzige Ort der Zuflucht.

Albie Sachs begann, sich das Alphabet aufzusagen, sich Lieder vorzusingen, die mit den Buchstaben des Alphabets begannen: A Always ..., B Because ... usw. schwierig mit dem X, also nahm er „Deep in the heart of Texas“. Er schuf aus dem romantischen Lied von Irving Berlin „Always“ ein Lied, mit dem er die Einsamkeit einer südafrikanischen Gefängniszelle bekämpfte und singt es jetzt wieder vor:
“I’ll be living here, always/ Year after year, always/ In this little cell that I know so well/ I’ll be living swell, always, always./ I’ll be staying in, always/ Keeping up my chin, always/ Not for but an hour/ not for but a week/ not for 90 days, but always.”

Und es begann nur mit dem 90-day-law, das nächste Mal war es das 180-day-law und eigentlich wollte man unliebsame Leute für immer in Einzelhaft und Isolationsfolter halten.
Albie Sachs sprach und das 5000 TeilnehmerInnen große Publikum im riesigen Saal war so still, dass man eine Nadel fallen hören hätte können.

Er sprach weiter davon, wie er versuchte, zu rekonstruieren und zu erinnern, zu katalogisieren, was er von der Welt draußen im Gedächtnis hatte, vom Versuch die Welt im Geist neu zu konstruieren. Das einzige Buch, das ihm erlaubt wurde, war die Bibel. Er las sie immer wieder, nicht zu schnell, damit er nicht zu bald wieder am Ende war. Er hat sich Listen ausgedacht von Büchern, die er lesen wollte und eines Tages kam es tatsächlich so weit, dass er Bücher in seine Zelle bekommen durfte. Seine Wächter besorgten, was immer davon sie wollten oder was davon möglich war zu erhalten, in einer kleinen öffentlichen Bibliothek, nicht weit vom Gefängnis. Er beschreibt die Rettung, die ihm durch Bücher geschehen ist, wie den Rettungsanker, der einem zugeworfen wird, wenn man aus dem Boot gefallen ist. Und dann bedankt er sich beim unbekannten Bibliothekar - in seiner Vorstellung war es aber immer eine Bibliothekarin - die ihn damals mit dem lebensnotwendigen Lesestoff versorgt hat, vielleicht ahnend, was das für ihn bedeutet hat.

Er vergleicht das sichere Schwimmen um das Boot mit dem sicheren Arbeiten innerhalb der Bibliothekstraditionen von täglicher Arbeit und Ausbildung, und das sich etwas weiter vom Boot weg wagen – dorthin wo es die wirklich interessanten Dinge zu erfahren gibt – mit der Konferenz in Südafrika, wo man nie gesehene Dinge zu sehen und erfahren bekommt.
In Afrika haben z.B. manche Bibliotheken 2 Beine – der Schatz ihres Wissens, aus Tradition und Erfahrung geht mit ihnen verloren, wenn man nicht Wege findet, es zu retten.

In den Zeiten der Apartheid wurde die tatsächliche Geschichte vor allem mündlich weitergegeben, Geschriebenes war immer auch Spur zurück zum Urheber – einerseits -und andrerseits konnte man dem in den Medien verbreitetem Wort nicht trauen.

Das Aufbewahren und Erinnern ist lebenswichtig und Bibliotheken sind Orte der Zuflucht und der Freiheit des Geistes. Da geht es um Bücher und anderes geschriebenes, aber immer mehr auch um das Internet – die unsichtbare virtuelle Bibliothek der Welt.

Albie Sachs, dem Juristen und Richter, der am Aufbau des südafrikanischen Rechtssystems maßgeblich beteiligt war, geht es natürlich vor allem um die größte Rechtsbibliothek der südlichen Hemisphäre: der Bibliothek des Verfassungsgerichtshofes in Johannesburg.

In repressiven Systemen sollen die Menschen am besten von außen nichts über ihre Rechte erfahren, sie bekommen Lüge und Propaganda aber sie sollen keinen Zugang zum geschriebenen Wort haben. Die Juristen Sachs und Mandela wissen am besten aus ihrer Erfahrung mit der Apartheid, wie leicht es ist, Gesetze zu verdrehen, zu verfälschen und verschwinden zu lassen. Die Hüter des Rechts verfügen über eine Art Geheimwissen und niemand kann je genau wissen, worauf es beruht. Deshalb die Bedeutung dieser großen Gesetzesbibliothek als Gebäude, das den Kampf und die Befreiung repräsentiert.
Das physische Gebäude ist wichtig und dass seine Räume für alle zugänglich sind – in der Bibliothek führen Rampen, die man auch im Rollstuhl fahren kann, zu offenen Regalen, in denen die Bücher, die Akten, die Gesetzesblätter aller afrikanischen Länder, geordnet nach einem verständlichen System, zur Verfügung stehn. Man kann sich frei bewegen, frei assoziieren, reisen ... innerhalb der Bibliothek.

Die Bibliothek ist ein wesentlicher Teil des Constitutional Court. Das Gebäude steht auf dem Gelände des alten Gefängnisses, Fort Prison, und es ist aus Material des ehemaligen Gefängnisses erbaut. Es ist aber etwas vollkommen neues und verkörpert in seiner Architektur die Freiheit des Geistes und würdigt den Kampf um seine Befreiung. Es besteht zu einem Teil aus den Steinen und Balken des Gefängnisses und das bedeutet, dass die Leiden der Gefangenen nie verloren gehen, aber es ist wie ein Phoenix aus der Asche ganz etwas neues, anderes geworden. Weiter Raum, Licht und Luft, Klarheit und Schönheit sind seine Elemente und trotzdem erdrückt das Gebäude nicht die alten Gefängnistrakte, die es noch umringen und die als Museum erhalten werden.

Südafrika hat ein neues Rechtssystem aufbauen müssen und Mandela und seine Regierungsbeauftragten holten Informationen aus der ganzen Welt, verglichen Gesetze von überall und sind in regem Austausch mit Richtern und Rechtsforschern aus aller Welt.

Auch Dr. Alex Byrne, der designierte IFLA Präsident spricht über Gandhis Kampf für die Menschenrechte, der in Südafrika begonnen hat – als er, eingeladen von Geschäftsfreunden seines Vaters, als Berater in einer Rechts-Angelegenheit aus Indien nach Pretoria, Südafrika zu kommen, - mit einem Ticket erster Klasse im Zug in Pietermaritzburg den Platz wechseln musste, in die 3. Klasse des Zuges, die den Farbigen zugewiesen wurde. Da er sich weigerte, wurde er aus dem Zug geworfen. Sein Kampf, der hier in Südafrika seinen Anfang nahm, beeinflusste auch die anderen Bürgerrechtsbewegungen, verkörpert von Martin Luther King oder Nelson Mandela.

Zentrale Basis und Ziel dieser Freiheits- und Bürgerrechtsbewegungen mit ihren Kämpfen für Wahrheit und Gerechtigkeit durch Mittel der Gewaltlosigkeit ist die Freiheit des Wortes und des Ausdrucks, der freie Zugang zu Information für alle.

Die IFLA ist sich der Verantwortung und Solidarität mit den KollegInnen über den ganzen Globus hin bewusst. Die Organisation unterstützt sie im täglichen Kampf für Entwicklung, Informationsvermittlung, Vermittlung von Fähigkeiten zur Aneignung der Information und Entwicklung von Strukturen, die es Bibliotheken erlauben, Wissen und kulturelles Erbe zu konservieren, und Orte der sozialen Entwicklung zu sein.
Überall tritt die IFLA für die Freiheit des Ausdrucks, den Zugang zu Information und Wissen ein, – und Alex Byrne macht das auch an Orten klar, wo diese Rechte gefährdet und verfolgt werden, wie z.B. im Juni in Kuba, um den Bibliotheken und Bibliothekaren Rückhalt und Anteil der KollegInnen und der Organisation zu vermitteln.

Bei dieser Konferenz in Durban werden vor allem die Aspekte der Entwicklung, der Zukunft und der weltweiten Partnerschaften betont und die Tatsache, dass die TeilnehmerInnen aus afrikanischen Ländern diesmal die Hälfte der Delegierten und SprecherInnen ausmachten, mit großer Freude begrüßt.

Solidarität innerhalb der IFLA fand ihren Ausdruck in der Unterstützung australischer KollegInnen, die das Geld aufbrachten, um afrikanischen KollegInnen die Teilnahme am Kongress zu ermöglichen – und ihnen damit Gelegenheit für Treffen mit den KollegInnen, Austausch und vielleicht resultierender Partnerschaften zu ermöglichen.

Pallo Jordan, Südafrikas Minister für Kunst und Kultur, auch einer aus der alten Kämpfergeneration, spricht über die Entwicklung einer Informationsgesellschaft, die frei, fair und gerecht für alle ist und darüber dass die Verantwortung dafür vor allem bei den Bibliotheken liegt. Bücher sind Augenöffner, Begleiter, Geschichtenerzähler. Ideen für eine bessere Zukunft sind das einzige, was vorerst da ist – sie in die Realität umzusetzen, bedeutet Arbeit - und dafür brauchen Bibliotheken Unterstützung, Solidarität, Partnerschaft Ermutigung und Ermächtigung.
Er beschrieb seinen Zugang zu Büchern, die lebensrettende Wirkung von Bibliotheken, die er erfuhr, als er aufgrund des „90 day law“ ohne Anklage, ohne Prozess, ohne Kontakt zu Anwälten oder sonst jemandem sich monatelang in Einzelhaft befand. (Photo Quelle: www.passia.org)

Gcina Mhlope, die “Mutter der Bücher“, ist in Südafrika gut bekannt als Freiheitskämpferin, Aktivistin, Schauspielerin, Geschichtenerzählerin, Autorin – und sie führte durch die Zeremonie! Es ist eine außerordentliche Erfahrung, diese charismatische Persönlichkeit in ihrem Element zu erleben: Geschichten erzählend und zum Lesen animierend und die Liebe und Begeisterung zu fühlen, mit der sie die letzte Ecke des riesengroßen Saales und die Herzen der Zuschauer und Zuhörer füllt.

„May the heartbeat of Africa echo in your soul...“ sagt sie und eines ist sicher: Afrika wird nie mehr aus unserer Seele verschwinden.


Photo: Sally Blackman

Information und Verhaltensänderung

World Library and Information Congress: 73rd IFLA General Conference and Council
"Libraries for the future: Progress, Development and Partnerships"
19-23 August 2007, Durban, South Africa

FAIFE (Free Access to Information and Freedom of Expression) und AIDS / HIV

Bibliotheken überbrücken soziale Unterschiede, Informations-Zugangs-Hindernisse, transformieren Information, um soziales Verhalten zu ändern
Social inclusion: how can public libraries embrace the challenge of reaching out to serve all people in their community?Bridging the information gap - digital inclusion

WLIC 2007 - Konferenzbeiträge
Overview and information issues concerning the HIV/AIDS situation in AfricaKINGO MCHOMBU and CHIKU MCHOMBU (University of Namibia, Windhoek, Namibia)
HIV/AIDS Information Seeking and Healthcare Communications in Sub-Saharan AfricaKENDRA ALBRIGHT (University of Sheffield, Sheffield, UK)
Information Literacy in Practice: engaging public library workers in rural South AfricaKARIN DE JAGER and MARY NASSIMBENI (Centre for Information Literacy, Department of LIS, Cape Town, South Africa)
Braving Rapids, winding timber-tracks: towards equitable access to information for libraries in SarawakRASHIDAH BINTY BOLHASSAN (Sarawak State Library, Malaysia)
What is Community Centre, Gallerup?LONE HEDELUND(Arhus Public Library, Denmark)
Serving Patrons in Their Language, Not Just OursPAUL S. ULRICH (Berlin Central and Regional Library, Germany) and SUSAN MCGLAMERY (Cooperative Services, OCLC)
Changing information behaviour: education, research and relationshipsJUDITH BROADY-PRESTON (University of Wales, Aberystwyth, UK)

HIV/AIDS ist eines der größten Probleme des ganzen afrikanischen Kontinents. Abgesehen vom Zugang zu Gesundheitsvorsorge und antiretroviralen Medikamenten, der schwierig genug und meist zu teuer ist, geht es hierbei auch vor allem um das soziale Verhalten, das einer der Faktoren für die pandemische Ansteckung und Ausbreitung von HIV/AIDS in Afrika, ist.
Mittlerweile geht es neben Fragen, wie Information aufbereitet werden soll und welche Rolle Bibliotheken dabei spielen können auch um „Erlern“theorien, also um Möglichkeiten, durch Information Einfluss zu nehmen auf Änderungen des sozialen Verhaltens.

Auch im Westen werden bei Gesundheitskampagnen mittlerweile vor allem psychologische Elemente beachtet, die erst dazu führen, dass Information als wahr angenommen wird und zu nachfolgenden Verhaltensänderungen führen können – Man müsste also Info-Kampagnen vergleichen und herausfinden, welche Elemente zum Erfolg führen.

Bibliotheken haben hierbei wichtige Aufgaben und entwickeln mittlerweile auch Theorien darüber, wie in gesellschaftlichen Krisensituationen bzw. in Krisengebieten von der reinen Informations-Vermittlung zur aktiven Beeinflussung des Verhaltens gelangt werden kann.

Ausgehend von „Health Behavior Theories“ müssten „Information Behavior Theories“ erarbeitet werden.
Sicher ist, dass durch die/den, die/der informiert Ungleichheit erfahren wird, man fühlt sich passiv gegenüber einer Autorität und deshalb wird diese Situation oftmals als ganzes prinzipiell abgelehnt.

Hier ist Flexibilität und Phantasie der Informationsvermittler gefordert. Das Informieren kann auch durch indirekt und verpackt in Unterhaltung oft besser funktionieren als das trockene Belehren von oben nach unten. Am erfolgreichsten wird man sein, wenn das Material in zahlreichen Sprachen, vor allem den lokalen Muttersprachen, vorliegt, und wenn man sich nicht nur auf die schriftliche Form der Vermittlung beschränkt, sondern Radioprogramme, Fernsehsendungen, z.B. Soap Operas, Theaterstücke, Lieder, Weblogs einbezieht und anerkannte Autoritäten gewinnt – Sänger, Schauspieler, ehemalige Kindersoldaten – die manchmal sehr populär werden ...

Durch Wissensmanagemen führt aufklärende Information zu bestimmten erwünschten Handlungen.
- > siehe das Buch des Befreiungstheologen Paolo Freire: Pädagogik der Unterdrückten

Die Vernachlässigung der Aspekte, wie Wissen angeordnet, transformiert und vermittelt werden kann, erklärt warum die Informiertheit über HIV / AIDS in Afrika mittlerweile groß ist, dieses Wissen aber fast keinen Effekt auf das Verhalten der Menschen hat.

Information muss also konvertiert werden, um wirksam zu werden und das muss in Afrika sehr bald geschehen.
Das theoretisch gewusste, geschriebene Wissen soll in Erfahrung umgesetzt werden.
Die Werkzeuge dafür sind schon da, sie müssen nicht erfunden werden.
Es gibt verschiedene Eck-Punkte in der Wissensvermittlung, die beachtet werden müssen, wie die Fragen:
Wer weiß etwas?
Warum und woher weiß er es?
Wieviel ist sein Wissen wert?
Wie setzt man es um?

Es sollte möglich werden, die Pandemie mittels Information zu kontrollieren und zu besitzen, Information muss dazu führen, dass die Menschen Akteure werden, anstatt sich als passiv ausgelierte Opfer zu sehen.

AIDS erfordert permanente Agitation, denn es ist eine sehr ruhige und stille Krankheit, die schleichend ihre Opfer in Besitz nimmt.

Best practices sind Praktiken, die sich unter einer großen Menge an Praktiken im Gebrauch schon früher nach Prüfung verschiedener Parameter als die besten erwiesen haben.
Bibliotheken z.B. haben bereits reiche Erfahrung mit „best practices“ für das Sammeln, Katalogisieren, Evaluieren und Bereitstellen von Wissen.

Die US Regierung neigt unter der Bush-Administration dazu, AIDS / HIV Projekte, in deren Konzepten die Begriffe „Kondom“ oder „Abortus“ vorkommen, nicht zu unterstützen und als einzige Strategie gegen AIDS sexuelle Abstinenz, bzw. eheliche Treue zu fordern.
Das geht an der Realität vorbei und Information, die zusammen mit derartig unrealistischen Forderungen vermittelt wird, kann nicht angenommen werden.

Wissensmanagement müsste also demokratisch und politisch möglichst unabhängig vor sich gehen und die lokalen Erfordernisse berücksichtigen, kulturelle Bräuche und vor allem die lokalen Sprachen. Das Ausmaß der wirtschaftlichen und sozialen Abhängigkeit der Frauen, ihre sozio-ökonomische Unterlegenheit - ist im Westen kaum vorstellbar und wird deshalb auch in westlichen Theorien kaum beachtet.

Die Health und Information Behavior Theories müssten folgende Punkte beinhalten

-> Genderunterschied bezüglich des Wissens- und Ausbildungsstandes – solange Schulgeld erhoben wird und die Gender-Unterschiede sozial so groß sind, werden Mädchen weniger gern in die Schule geschickt und erhalten weniger gute Ausbildung
-> Begrenzungen von Erlern-verhalten – Muttersprachen werden oft nicht berücksichtigt, die Amts- und Schul-Sprachen sind die Sprachen der ehemaligen Kolonisatoren
-> Einbeziehung und Nutzung aller Faktoren, wie Erziehung, Kommunikationstechniken, Psycholgie, öffentliche Gesundheitsversorgung

Die im Westen vetretenen Health Behavior Theories sind
- erklärend
- veränderungsbetont
- botschaftsorientiert
- glaubensbetont
- interventionsorient
Alle zusammen sind leider nicht ohne weiteres für das spezielle Problem AIDS HIV in Afrika anwendbar.

Diese - vor allem in den Industrieländern - entwickelten und umgesetzten Theorien berücksichtigen auch eines kaum, nämlich dass menschliches Verhalten nicht unbedingt rational ist, schon gar nicht im Bereich der Sexualität. Es gibt – abgesehen von den kulturellen, auch psychologische und weltanschauliche Faktoren, die nicht von den Information Behavior Theories berücksichtigt werden.
Die Rolle der jeweiligen Kultur muss viel stärker einbezogen werden, Gesundheits-Kampagnen gehen sonst vollständig an ihren Zielgruppen vorbei.
In Afrika hat man es mit Kulturen zu tun, die nicht am Individuum orientiert sind, sondern vorwiegend an Gemeinschaften: es sind Familien-, Stammeskulturen.

Einbeziehung von Journalismus und Bibliotheken:

Die Aufklärung muss schon sehr früh in die Erziehung integriert werden. Verhaltensmotivierung muss stattfinden. Abgesehen von Mitteln der Propaganda und der Manipulation hätte der/die BibliothekarIn als vertrauenswürdige Mittelsperson, als Kurator und Animator, Möglichkeiten auf das Verhalten einzuwirken.
Wir BibliothekarInnen müssen wissen, dass ohne Anerkennung und Ermächtigung der Menschen als Handelnde und Verantwortliche, Information nicht angenommen wird und nicht zu Verhaltensänderung führt.

In Afrika funktionieren bisher im Zuge der AIDS-Aufklärung Peer to Peer Groups, Jugendclubs, die Gewinnung der traditionellen Autoritäten, denen vertraut wird, das Einbeziehen von Musikern, Sängern und Schauspielern als Rollen-Modelle.

BibliothekarInnen können sich diese Erfahrungen zu eigen machen und versuchen, in ihrem Rahmen damit zu experimentieren - zum einen herauszufinden, nach welcher Information der Benutzer wirklich sucht und zum anderen den richtigen Weg finden, Information zu vermitteln.

BibliothekarInnen und BenutzerInnen sind Partner auf dem gemeinsamen Weg der Entdeckung von Wissen - die Rolle des Bibliothekars als Besitzer des Wissens und Wächter des Zugangs, der dem fragenden und wartenden Leser seine Sprache und sein Kulturverständnis aufzwingt, gehört endgültig der Vergangenheit an.

Frauenangelegenheiten

Es geht in Afrika, wie auch noch immer in den Ländern des Nordens und Westens, um das Ziel des freien und gleichberechtigten Zugangs von Frauen zu Ressourcen.

Women, Information and Libraries in relation to the UN Millennium Development Goals
Access to information as a driver towards closing of the gender equality gap: the emerging scene in Kenya (Goal 3 - Promote gender equality and empower women)WAMBUI WAGACHA (KIPPRA-Kenya Institute for Public Policy Research and Analysis, Kenya)
Empowering teenage girls through technology (Goal 3 - Promote gender equality and empower women)LESLEY FARMER (California State University, Long Beach, Los Alamitos, USA)
The Millennium Development Goals (MDGs): gender gap in information, education and library access to HIV/AIDS prevention and treatment in local communities of NigeriaADETOUN A. OYELUDE and ADEPEJU O. OTI (University of Ibadan, Ibadan, Nigeria)
Inter-continental, intra-continental partnerships: a women's network (Goal 8 - Developing a global partnership for development)MICHELE M. REID (McDaniel College, Westminster, USA) and FATIMA DARRIES (Cape Peninsula University of Technology, Cape Town, South Africa)

Der August ist in Südafrika Frauenmonat. Der 9. August ist women’s day und er wird im Gedenken des 9. August 1956 gefeiert, als 20.000 Frauen einen Marsch nach Pretoria zur damaligen Apartheid-Regierung unternahmen, um gegen die diskriminierenden Passgesetze zu protestieren. Seit dem Jahr 1956 haben die Frauen viel erreicht – aber können diejenigen, die damals junge Mütter waren, heute sagen, dass für ihre Töchter und deren Töchter alle Ziele erreicht sind?

Durchaus nicht - heute geht es noch immer weltweit um die Bedingungen für Freiheit und Gleichheit, wie sie im 3. Milleniums-Ziel formuliert sind:
MDG 3:
- Förderung der Gleichheit der Geschlechter und Ermächtigung der Frauen: In der Grund- und Mittelschulausbildung soll bis zum Jahr 2005 und auf allen Ausbildungsstufen bis zum Jahr 2015 jede unterschiedliche Behandlung der Geschlechter beseitigt werden.

Kenya
Beispiel Schulausbildung in Kenya:
Die Umstände haben sich verbessert. Die Primary Schools sind verpflichtend und frei, deshalb gehen Mädchen wie Jungens hin. Mit der Secondary School werden die Unterschiede größer, es ist Schulgeld zu bezahlen und wie an den Universitäten sind dann im Durchschnitt nur mehr 30 % der Mädchen dort vertreten.

Beschäftigungsrate in Kenya:
30% der Frauen sind berufstätig. Im Parlament sind nur 12% der Abgeordneten Frauen. Im benachbarten Rwanda hingegen sind 48% der Abgeordneten Frauen. Allerdings ist die Situation dort durch den Krieg und die hohen AIDS-Raten bedingt – viele Männer sind tot und in dieser Situation übernehmen die Frauen gezwungenermaßen Aufgaben. Der hohe Frauenanteil in Rwandas Parlament macht die Situation auch zu einem Versuchslabor und zeigt, dass die Frauen effektivere politische Arbeit leisten und viel weniger aggressiv und viel weniger korrupt sind.
Hier kann beobachtet werden, wie gut, effektiv und demokratisch ein Parlament arbeiten kann, wenn es zur Hälfte aus Frauen besteht.

Die Umstände in Kenya haben sich für Frauen verbessert. Seit kurzem können auch Frauen Bank-Kredite bekommen. Es gibt für sie freien Gesundheitsservice, sie sind in der Öffentlichkeit sichtbarer – als Journalistinnen, in Radio und TV, allerdings noch wenig als Unternehmerinnen.

Sicher aber ist, dass das Milleniumsziel der Gleichheit bis 2015 in Kenya nicht erreicht werden wird.

Aus Canada wird über Technologie-Ausbildung für Mädchen berichtet.
In Canada wie überall auf der Welt besteht hier Ungleichheit bei den Ausbildungschancen und damit auch in Bezug auf den Zugang zu gutbezahlten Jobs und Führungspositionen.
Die Mädchen lernen vorwiegend durch Kommunikation und Erziehung – die Jungen lernen durch Unterhaltung!
Mädchenförderung muss also verstärkt auf das Freizeitverhalten der Mädchen einwirken und es sich zunutze machen. Es geht darum, Mädchen Mut zu geben, etwas auszuprobieren und sie zu animieren, auch im Bereich der Technik etwas Interessantes zu finden.
Hier einige gute Webseiten für Mädchen, die auch das Technik-Interesse fördern könnten:

http://www.girltech.com/
http://www.ignite-us.org/
http://www.girlsforachange.org/
http://www.techup.org/
http://www.engineergirl.org/
http://www.girlpower.gov/
http://binarygirl.com/


Die Frauen-Situation in Nigeria

Es gibt auch hier eine Geschlechterkluft bei Information, Zugang zu Bibliotheken, Erziehung und Bildung, HIV Vorbeugung und Behandlung.
Auch in Nigeria – wie auch in Südafrika und anderen afrikanischen Staaten - sind bedeutend mehr Mädchen im Alter zwischen 13 und 19 Jahren HIV positiv als Jungen derselben Altersklasse.
Es gibt AIDS-Waisen, Mütter sterben früh und geben HIV an ihre Kinder weiter.

Das ist einerseits auf die Informationsarmut der Frauen, andrerseits auf das soziale Verhältnis der Geschlechter zurückzuführen.

Bevor Frauen nicht als gleiche Partnerinnen gesehen werden, wird die AIDS Krise nicht gelöst werden können.

Es gibt die verschiedensten Programme und Initiativen, im Rahmen von Regierungsinitiativen und NGOs, die frauenspezifisch arbeiten. Aufklärung findet überall und auf vielen Ebenen statt, auch im Bereich Unterhaltung – es gibt Seifenopern im TV, die die Probleme auf unterhaltsame Art behandeln, in allen Muttersprachen,
weiters Programme für die Mutter-Kind-Kommunikation,
Sexarbeiterinnen-Programme,
Peer Groups für junge Leute,
Kirchen und Moscheen, die helfen.

Aber immer noch ist im Zusammenhang mit AIDS die Stigmatisierung und die Angst davor hoch.
Eine wichtige Rolle spielen Bibliotheken in dieser Situation, um Frauen zu animieren, sich zu informieren.
Es gibt eine Zeitschrift „Positive news“ eines ehemaligen Kindersoldaten, Mohammed Farouk. Er arbeitet für die Verbreitung von Aufklärung und Information und gegen die Ausgrenzung und Stigmatisierung, auch gegen weitverbreiteten Aberglauben.
Sein Weblog ist sehr populär.

Auch dieser Blog http://www.apin.harvard.edu/ ist sehr informativ – und Bibliotheken sollten darauf hinweisen und die Fähigkeiten zum Mitmachen vermitteln.

Bibliotheken können Frauen vermitteln, dass die Leben vieler in ihrer Hand sind.

http://www.global-campaign.org/
Dies ist die Webseite einer weltweiten Kampagne für den Einsatz von Microbioziden bei der AIDS-Prävention. Diese Präventionstechnik kann von Frauen unabhängig ausgeübt werden. Sie müssen nicht Männer überzeugen, Kondome zu verwenden und sie müssen nicht mit unangenehmen Manipulationen oder Nebenwirkungen rechnen.


Fatima Darries berichtet über ein Frauennetzwerk in Südafrika

[Randbemerkung:
Fatima Darries trägt ein Kopftuch und dabei fällt mir auf, dass viele Frauen und auch Männer bei dieser internationalen Konferenz die verschiedensten Kopfbedeckungen tragen. Kopfbedeckungen, die einerseits aus modischen Gründen, aber andrerseits aus traditionellen Gründen und verschiedene Informationen über den Träger signalisierend, getragen werden.
Verheiratete afrikanische Frauen tragen oft turbanartig geraffte Tücher, Juden tragen ihre Kipa, die Inderinnen und Frauen aus den Malediven tragen dünne schleierartige Schals, die Männer aus Nigeria und anderen Staaten tragen oft bestickte Käppis usw.
Hier würde niemand aus den Bedeutungen der verschiedenen Kopfbedeckungen ein Problem machen, es herrscht eine Atmosphäre der friedlichen und aufgeklärten Begegnung der verschiedensten Kulturen. Patrick Danowski aus Deutschland, der über das Web 2.0 spricht passt da mit seiner blonden Irokesenfrisur zum roten Jackett ganz gut dazu und fällt keineswegs äußerlich auf – er überzeugt lediglich durch seinen Vortrag, in dem er - erstmals - die Verbindung, den Austausch und die Zusammenarbeit von Bibliotheken mit dem Parallelnetz Social Web 2.0 vorschlägt.]

Fatima Darries berichtet von
http://www.hersnet.org/
http://www.hers-sa.org.za/

und bezieht sich auf das Milleniumsziel Nr. 8
MDG 8:
- Sicherung der ökonomischen Nachhaltigkeit: Ein offenes Handels- und Finanzsystem, das auf festen Regeln beruht, vorhersehbar ist und nicht diskriminierend wirkt, soll weiter ausgebaut werden. Auf die besonderen Bedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder muss entsprechend eingegangen werden. Die Schuldenprobleme der Entwicklungsländer mit niedrigen und mittleren Einkommen müssen durch Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene umfassend und wirksam angegangen werden, damit ihre Schulden auf lange Sicht tragbar werden.

Es geht dabei um globale Partnerschaften für Entwicklung. Frauen kommen überall in der Welt in führenden Positionen in den Bereichen Erziehung und Administration selten vor, in Afrika noch seltener.
Es wurde und wird weiterhin eine Sommeruniversität für Frauen aus ganz Afrika veranstaltet, wo Frauen in Workshops ausgebildet, trainiert, ermächtigt und ermutigt werden, höhere Stellen und Führungspositionen anzustreben.

Bibliothekarinnen sind hier wieder an den Schlüsselstellen zu Information und praktischem Wissen über die Wege, die es für Frauen gibt, mehr zu erreichen.

Die Nationalbibliothek als Tor zum Wissen der Welt

WLIC 2007 Konferenzbeiträge
Managing National Libraries in an interconnecting future: insights on an inclusive reference service and networking - the Singapore experience

Webarchiving Internationally: Interoperability in the future
Resource Discovery at the British Library: New Strategic Directions CAROLINE BRAZIER (The British Library, Boston Spa, UK)
Rapid and easy access: finding and getting resources in Australian libraries and cultural institutions PAM GATENBY (National Library of Australia, Canberra, Australia)
Libraries 2.0 and user-generated content: what can the users do for us? PATRICK DANOWSKI (Staatsbibliotek zu Berlin, Berlin, Germany)

Am Beispiel der Australischen Nationalbibliothek und dem Webportal: Libraries Australia

Nationalbibliotheken wandeln sich. Immer noch sind ihre wichtigsten Bestände Bücher und Zeitschriften, aber lokal begrenzte Kataloge und thematisch begrenzte Datenbanken sind nicht mehr die 1. Wahl.
Als Quellen dienen neben Katalogen das Internet mit seinen Suchmaschinen und anderen Quellen, digital discovery und delivery solutions.

Die Kataloge sind mächtige und genaue Suchinstrumente und durch die Zusammenarbeit in Katalogverbünden und virtuellen Katalogen, durch Retrokonversion und Verbesserung der Datenqualität sind sie sehr wichtig und bieten einzigartige, vor allem alte Daten an, die sonst nirgendwo aufscheinen.

Das Web 2.0 - Hier kommt eine neue User-Gemeinde auf die Bibliotheken zu. Es geht vor allem um Experten-Gemeinden, die sich mit bestimmten Themen genauer befassen, z.B. Manuskripte, indigenes Wissen, mündliche Überlieferung, Musik, medizinisches Wissen, der Open-Source Wikipedia, der vielbesuchten Online-Enzyklopädie, die es in allen Sprachen gibt und die von Usern selbst erstellt wird.

In diesen neuen Diensten und Foren gibt es Austausch und Kommentare, eingebaut sind Kontrollmechanismen und möglich für den User ist „social tagging“ als neue Methode der Klassifizierung.

Patrick Danowski, (Staatsbibliothek Berlin) hat dabei maßgeblich mitgeholfen, das Portal
„Bibliothek, Information, Dokumentation“ ins Leben zu rufen. Auf Wikimedia Commons versucht er, die Galerie der Bibliotheken aufzubauen. Und auf Wikiqoute sammelt er Zitate zu Bibliotheken.

Besonders interessiert er sich für die Zusammenarbeit von Wikipedia mit Bibliotheken und für die Nutzung der Wikipedia durch Bibliotheken.

Er ist sehr aktiv im Eintragen von Personendaten und beim Projekt, die Personennamendatei PND mit Personendaten aus Wikipedia zu verlinken.

Er findet die Idee des Vertrauensnetzwerkes gut. Bibliotheken sind wie Wikipedia offene Wissensräume, zu denen alle Nutzer freien Zugang haben sollten. Vertrauensnetzwerke finden sich – wie im Fall der Wikipedia - über gemeinsam anerkannte Regeln für die Erstellung und Vermittlung von Information und garantieren deren Qualität, so wie Bibliotheken den Werten des freien Zugangs zu Wissen und Information sowie den „best practices“ bei der Evaluierung von Informationsquellen verpflichtet sind.

Neue Technologien, wie digital discovery, was den Zugang betrifft und digital delivery, betreffend die Anlieferung
Sie ermöglichen EINEN gemeinsamen Einstiegspunkt für alle Datenquellen, sowie Relevanz-Suche aufgrund von nutzerdefiniertem scoping [die Bandbreite der Suche wird vom Nutzer bestimmt] und clustering [Gruppierung der Ergebnisse].


Es stellt sich die Frage, ob auf dieser Stufe der Entwicklung der digitalen
Such- und Entdeckungsmöglichkeiten überhaupt noch lokale Kataloge gebraucht
werden.


Mit zunehmender Integration der Kataloge und der Webquellen sowie der neuen technischen Dienste ist Zusammenarbeit der Bibliotheken untereinander und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen auf allen Ebenen die Forderung der Stunde.

Australien ist diesen Forderungen schon sehr weitgehend gerecht geworden.
Die Priorität, die sich die australische Nationalbibliothek setzt, ist der schnelle, leichte, integrierte und umfassende Zugang zu möglichst vielen Daten.

Um in der schnell wechselnden und sich entwickelnden technischen Umgebung relevant zu bleiben und sich den neuen Möglichkeiten schnell anpassen zu können, ist für Bibliotheken auch die ständige Zusammenarbeit mit bestens ausgebildeten Technikern sehr wichtig.

Die Nationalbibliothek von Australien hat ein Portal „Libraries Australia“ gestaltet, das - der Google-Seite nachempfunden – sich auf einen klaren, minimalistisch gestalteten, die relevanten Punkte umfassenden Einstieg beschränkt.

Diese Einstiegsseite ist so einfach, so prägnant, dass sie keine Frage offen lässt und schnurgerade zur gewünschten Information führt. Das Suchen ist aufgrund dieser sehr einfachen und übersichtlichen Benutzeroberfläche somit frei und umfassend möglich,.

Die Treffer sind übersichtlich angeordnet – im Falle von Büchern mit Umschlagfotos versehen, in der Vollanzeige enthalten die Datensätze die wichtigsten Informationen, samt einer Inhaltszusammenfassung und verschiedenen Klassifizierungen, sowie der Liste der besitzenden Bibliotheken. Die Treffer führen zu verschiedenen Quellen – zu physischen Dokumenten im Volltext, Zeitschriftenartikeln, aber auch zu Buchhandlungen und Online-Bookshops.

Auf der Einstiegsseite kann unter anderem nach Musik, Film, Hörbüchern, Regierungspublikationen, sowie auch nach Werken in Braille-Schrift oder Bildern gesucht werden.
Die dahinter stehenden Datenbanken wurden in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu einem gemeinsamen Portal zusammengeführt, deren Meta-Daten nach Bedarf in anderen Anordnungen wiederverwendbar und austauschbar sind. Andere Such-Dienste wie Google wurden integriert und es gibt Zusammenarbeit und Austausch mit Google und anderen Hauptsuchmaschinen.

Projekte der Nationalbibliothek Australiens sind - angefangen von der Erweiterung der Print-Collection und dem Sammeln der physischen Einheiten, - das Zusammenführen der Meta-Daten zu ihrer vielfältigen Weiterverwendung und die ständige Arbeit und Weiterentwicklung der Publikums-Dienste aller Bibliothekssektoren.
Die vier Hauptmodule der Bibliothek
sind
Suchen
Katalogisierung
Administration
document delivery
Die Daten sind in anderen Katalogen über die Schnittstelle Z39.50 [Z39.50 ist für den Einsatz in Portalumgebungen prädestiniert, die über einen einheitlichen Zugang eine parallele Suche in mehreren bibliographischen Informationssystemen ermöglichen] kompatibel.

Geplant ist eine Service Plattform, die einen leichten Zugang und Austausch für Arbeitsgruppen sowie einzelne Nutzer bietet, weitere Angebote an neuen ICT-Diensten, Volltextdigitalisierung der australischen Zeitschriften ab 2008, weiters eine biographische Datenbank für Australien und Ausbau und Erweiterung des Angebots an Regierungspublikationen.

Das größte Gewicht liegt dabei auf der Entwicklung und dem Ausbau von leicht zugänglichen kostengünstigen Systemen, sowie dem Austausch von Daten in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.

Schutz des geistigen Eigentums, Knowledge Documentation versus Lizenzgebühren, Gesetze und Überwachung

„Ihr Bibliothekare seid konfuse Leute, Ihr wollt ja den ‚Freien Fluss der Information’.“

Indigenes Wissen – TCE, Copyright-Angelegenheiten und „Bibliotheken auf 2 Beinen“

Traditional knowledge, cultural expressions and folklore
What are they? Who owns them? What kinds of intellectual property protection should they have? What challenges do they present to librarians?
· Intellectual Property and Traditional Cultural Expressions/Expression of FolkloreWEND WENDLAND (World Intellectual Property Organization, Switzerland)
· South Africa's Approach to Traditional KnowledgeMACDONALD NETSHITENZHE (Department of Trade and Industry, South Africa)
· Traditional Knowledge and Traditional Cultural Expressions: Indigenous People's PerspectivesMATTIAS AHREN (Saamia Council, Norway)
· Traditional Knowledge: A Native American Librarian's PerspectiveLORIENE ROY (University of Texas at Austin, USA)
The Multicultural Library Manifesto - a tool for creating a better worldKIRSTEN LETH NIELSEN (Oslo Public Library, Oslo, Norway)

Begriffe - Problemgebiete
Indigenes Wissen, Traditionelles Wissen, traditional cultural expressions – TCE,
Traditional Knowledge

- Zugang durch ICT: Fähigkeiten, Kenntnis der Informations- und Kommunikations-Technologien wichtig,
- Bewusstsein der kulturellen Verschiedenheit
- Respektvolle ethische Konservierung
- Süd-Süd-Kooperationen z.B. bei der Rettung und Konservierung der Manuskripte von Timbuktu, Mali und Südafrika
- Restitution
- Sprachenvielfalt
- Copyright Schutz: vor Vermarktung, Verfälschung und Vereinnahmung schützen
World Bank betreibt gute Förderprojekte

Die digitale Strategie
Je nach politischen und wirtschaftlichen Umständen der Staaten wird versucht, das indigene Wissen zu erfassen und in digitaler Form für die Zukunft zu retten und zu archivieren.

In den meisten Fällen sind die dem traditionellen Wissen zugrundeliegenden Erkenntnissysteme unterschiedlich von der westlichen Weltsicht. Zum anderen war das traditionelle Wissen und sein Ausdruck meist lange Zeit durch religiöse und kolonialistische Übergriffe bedroht.

Knowledge documentation: Zeremonien, Kostüme, Masken, Artefakte, Erzählungen, Lieder, Riten werden erfasst

Die Besitzer dieses geistigen Eigentums sind die indigenen Bevölkerungen und nicht die Bibliotheken – diese agieren lediglich als respektvolle einfühlsame Kuratoren.
Bibliotheken haben Verantwortung in dieser Frage, sollten Partnerschaften mit anderen Institutionen, wie Museen und Forschungsinstitutionen eingehen und haben eine kritische Rolle als Organisatoren und Mediatoren.
Die Verantwortung ist enorm, da es sich um Vermittlung zwischen unterschiedlichen Wissenssystemen handelt.

Beispiel Australien:
Australiens Politik zielt auf Behandlung bereits bestehender Probleme und verkennt wie die meisten anderen Regierungen von Ländern mit indigener Bevölkerungen die Notwendigkeit der vorbeugenden Erfassung und Schutz vor dem Verlust. Durch Kolonialismus und in späterer Folge durch Diskriminierung der indigenen Bevölkerung drohen die Dinge unwiderbringlich verloren zu gehen.

In Afrika bestehen aufgrund seiner Vergangenheit die Bevölkerungen praktisch aller Staaten zu 90% aus indigener Bevölkerung und ein großer Anteil der Probleme Afrikas ist sicher auf den Fortbestand von Erziehungs- und Bildungssystemen zurückzuführen, die nie den Menschen, die dort leben gerecht geworden sind – sei es in bezug auf Sprache, Vorkenntnisse, gesellschaftliche und soziale Realität usw.

Dr. Alex Byrne (IFLA) vertritt aus der australischen Situation heraus sehr vehement den Standpunkt des freien Zugangs zu jeder Art des Wissens, gesichert auch durch nationale und internationale Gesetzesregelungen, die in voller Übereinstimmung mit den Menschenrechten getroffen werden müssen.

2005 hat in Oslo (71. IFLA Konferenz) das Gespräch über indigenes Wissen begonnen, 2006 kam es in Seoul zur Partnerschaft Australien - IFLA und jetzt ist A. Byrne als IFLA-Präsident besonders aktiv in diesen Fragen.

Freier Zugang für jeden
Nationalbibliotheken sammeln vor allem postkoloniale Geschichte, während das indigene Wissen und das kulturelle Erbe zumeist unterrepräsentiert ist.
Die Queensland State Library hat ihre politischen Strategien geändert. Die indigene Bevölkerung wird auch anteilmäßig im Bibliothekspersonal repräsentiert – das soll beitragen, die Schwellenangst zu nehmen.
Das Personal sollte nicht als Repräsentant der staatlichen Organisation auftreten, das schreckt die Menschen ab, sondern mit den Nutzern auf gleicher Ebene in Interessenskoalitionen zusammenarbeiten.

Sprache
In Gesellschaften mit indigener Bevölkerung – egal wo, im Norden genauso wie im Süden – muss großer Wert auf Sprachenprojekte gelegt werden. Sprachliche Diskriminierung besteht oft lange nach Wegfall der kolonisierenden Politik weiter.
In den meisten Ländern mit indigener Bevölkerung – das war in Schweden, Australien, der Schweiz im Falle der Roma, genauso wie in Afrika, üblich - wurden Kinder schon früh aus den Clans entfernt und zur Erziehung in staatliche Institutionen verbracht. Dort durfte nur die Kolonialsprache gesprochen werden, während die eigene Sprache verboten war.

Restitution
Dokumente sind oft in Sammlungen über den Kontinent und darüber hinaus verstreut und müssen zurückgegeben werden. Die Gemeinden sollten einbezogen werden, um die Dokumente nach Veränderungen und Verfälschungen zu prüfen und zu bewerten.

Die Kultur der Aborigenes ist immerhin die älteste Kultur der Welt und unser aller kulturelles Erbe. Bibliotheken spielen in der Bewahrung und Bereitstellung dieses Erbes eine führende Rolle, genauso wie in der Vermittlung zwischen staatlichen Organisationen und indigener Bevölkerung.

Kooperation
Australiens Dokumente sind in den USA mit der Hilfe dortiger Ureinwohner, die schon über mehr Erfahrung mit diesen fragen verfügten, adaptiert worden.
Die Frage der Rahmen-Bedingungen des Erfassens und Begreifens sind in Bezug auf indigenes Wissen besonders sensibel zu behandeln.
Wieder taucht hier das Phänomen der „Bibliotheken auf zwei Beinen“ auf – Menschen, meist Stammesältere, die über Stammeswissen verfügen und es mündlich weitergeben – zu denen Zugang gefunden werden soll und mit deren Mithilfe allein eine Rettung des Wissens möglich ist.

Geheimes Wissen
Der Umgang mit diesem Wissen ist in vieler Hinsicht problematisch.
Manches davon ist geheimes Wissen oder sonstwie im Zugang geregeltes Wissen. Abgesehen von der Erschließung des Inhalts, muss auch das dazugehörige Protokoll gefunden werden: herausfinden und berücksichtigen, unter welchen Umständen und an wen das Wissen weitergegeben werden darf. Das Protokoll zur Handhabung des Wissens ist also genau so wichtig wie das Wissen selbst.

Innerhalb der indigenen Gesellschaften sind - von ihnen bestimmte - Autoritäten dafür verantwortlich und zu denen gilt es Zugang zu finden.

Von kultureller Diversität ist noch nicht lange die Rede, nun geht es aber bereits um das Praktizieren dieser Diversität. Der Gedanke einer Leitkultur wird in Zukunft immer mehr in den Hintergrund treten und die Tatsache eines multikulturellen Zusammenlebens auch im Umgang der Bibliotheken mit den verschiedenen Kulturzeugnissen Auswirkungen haben.

In der Vergangenheit bis in die jüngste Gegenwart schien es nur 2 Möglichkeiten zu geben, mit Minderheiten umzugehen:

- Diese zu zwingen bzw. heute eher anzuregen, an der westlichen Erziehung teilzunehmen und daraus resultierend an Wohlstand und Macht der bestimmenden Kultur zu partizipieren.
- Minderheiten in Protektorate oder Ghettos abzudrängen und sie dort ihrem Schicksal zu überlassen – ohne Chance auf aktive Teilnahme an der regierenden Gesellschaft

Es gibt aber auch eine andere aufgeklärte Vision eines friedlichen, gleichberechtigten Zusammenlebens verschiedener Bevölkerungsanteile und der erste Schritt besteht darin, gegenseitig Informationen über die „anderen“ als fremd erlebten Menschen zu vermitteln. Bibliotheken haben hierbei eine Schlüsselrolle: einerseits als Anlaufstelle aller Bevölkerungsschichten und andrerseits als Animatoren und Mediatoren einer respektvollen Kommunikation im Bewusstsein der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Erkenntnissysteme.

Ist das Copyright nun gut, böse oder einfach nur hässlich?

Debunking Myths About Authors' and Publishers' Collecting Societies - the 'Good, the Bad and the Ugly'
· What are RROs and what do we doPETER SHEPHERD (President, IFRRO, UK)
· RROs: a librarian's perspectiveVICTORIA OWEN (University of Toronto at Scarborough, CANADA)
· Three Country case studies:- Kondwani Wella (MALICO, MALAWI)- Toby Bainton (SCONUL, UK)- Eve Woodberry (Council of Australia University Librarians, AUSTRALIA)

Im Dschungel der CR-Institutionen

WIPO - World Intellectual Property Organization (WIPO) ist eine Organisation der United Nations

http://www.wipo.int/tk/en/ Hier wird der Standpunkt und die Abkommen der WIPO in Bezug auf Traditional Knowledge, Genetic Resources and Traditional Cultural Expressions/Folklore dargestellt.

Nationale und internationale RROs (Reproduction Rights Organisations): Schutz, Förderung der Kreativität, Offenheit auf der Grundlage der Berner Konvention, nationale Regelungen sind auf diesen Grundlagen möglich

CLA – Die Copyright Licensing Agency Ltd. (CLA) ist eine Non-Profit Organisation, die Lizenzen für Kopieren und Snannen aus Büchern, Zeitungen und Zeitschriften vergibt

IFRRO – International Federation of Reprod. Rights Organisations

Die Frage, ob Copyright oder nicht stellt sich nicht, wohl aber die Frage nach einem fairen und balancierten Lizenzsystem. Der Reichtum des kulturellen Erbes und die Kreativität der einzelnen Kulturschaffenden in seiner Vielfalt und Diversität müssen gegen Vermarktung, Ausbeutung, Profitmacherei und vor allem gegen Verfälschung geschützt werden.
Durch unautorisierten und freien Gebrauch werden Werte geschädigt.

Bibliotheken verfolgen dieselben Interessen, geistiges Eigentum und traditionelles Kulturerbe zu sammeln, zu dokumentieren und zu schützen. Deshalb ist auch WIPO, die internationale Organisation zum Schutz geistigen Eigentums interessiert an der Zusammenarbeit mit Bibliotheken und Projekten der IFLA.

RROs schaffen auf nationaler Ebene Übereinkommen und berücksichtigen durchaus die jeweiligen Verhältnisse – z.B. sind Zahlungsaussetzungen möglich.

IFRRO code of conduct
(…
Werte:
RROs:
• maintain fair, equitable, impartial, honest, and non-discriminatory relationships with rightsholders, users and other parties;
• respect copyright, contracts and applicable national and international laws;
• act with integrity in the collection and distribution of funds received;
• minimise their costs while providing efficient services to rightsholders and users of copyright.

In order to give effect to these values, each RRO aspires to:

• be responsive to the needs of its rightsholders and licensees;
• achieve efficiency in the process of allocating and distributing payments and
• be accountable, ensure transparency and strive for best practice in the conduct of its operations. ..)

Kritik einer kanadischen Kollegin aus dem Publikum:
Kanada hat 37 Lizenzanstalten
Lizenz seit 1994, alles begann ganz vernünftig, inzwischen hat sich der Druck verstärkt, der Preis erhöht, seit 1996 haben sich Preise um 60% erhöht
Der kanadische „Copyright Act“ erlaubt Kopien zum Zweck der Forschung oder zum privaten Gebrauch – trotzdem erhöhen sich die Preise für Bibliotheken ständig.

Oberster Gerichtshof (Kanada) bestätigt, dass Bibliotheks-Aktivitäten nicht dem CR unterliegen
Die Bibliotheksbenutzer haben Rechte und dazu gehört, dass sie freien Zugang zu Wissen haben, und zwar unabhängig vom Format!
(Durch DRM - Digital Rights Management wird oft schon von der Hardware her der Zugang zu bestimmten Formaten reguliert.)

Wichtig ist es, seine Rechte zu kennen. Um effektiv und strategisch handeln zu können, muss man die Gesetzeslage kennen, um zu verweigern bzw. eine Überarbeitung des Gesetzes zu fordern.
Die Gesetzeslage darf nicht zu Restriktionen des Zugangs zu Information führen.

Ein negatives Beispiel ist Malawi:
Bibliotheken sind dort – wie an vielen anderen Orten – nicht gerade Priorität in Bezug
auf das Gesamt-Budget.
Von 1963 – 1993 wurden im Zuge des autoritären Regimes Bibliotheken kontrolliert
Ab 1993 ist die Freiheit des Informationszuganges per Verfassung geregelt.

COSOMA ist die nationale RRO Malawis und arbeitet als Regierungsstelle für Copyrightfragen.
Bibliotheken und COSOMA sind also Stakeholder – allerdings gibt es trotz offener Fragen keine Zusammenarbeit.
COSOMA agiert autoritär.
Die Bibliotheken erhielten Rechnungen, da ihre Bücher in Copy-Centern kopiert wurden. Manche Bibliotheken verweigerten die Bezahlung und erfuhren von Beamten von COSOMA „Ihr Bibliothekare seid konfuse Leute, Ihr glaubt ja an den ‚Freien Fluss von Information’“.

Die Gesellschaften in vielen Entwicklungsländern können oft kein großes Vertrauen in ihre gesetzgebenden Institutionen und in die Gesetze setzen. Es herrscht ein Mangel an Demokratieverständnis, Institutionen zur gegenseitigen Kontrolle fehlen und Korruption ist allgegenwärtig.

Ein anderer negativer Aspekt des Copyrights:
In den Entwicklungsländern kann oft das Material für Erziehung und Bildung nicht im eigenen Land hergestellt werden und muss daher von außen sehr teuer bezogen werden.
Das bedeutet auch die Bezahlung von hohen Lizenzgebühren, die an die 1. Welt gehen.


Forderung: Freie Reproduktion von allen Arten des Materials, wenn es für Bildung und Forschung verwendet wird.

Diese Forderung wurde zur Bearbeitung auch an die IFRRO - International Federation of Reproduction Rights Organisations - gerichtet.

Und wieder Australien:
Es gibt einen Code of Conduct für Copyright seit 2002, er wurde von 8 Institutionen akzeptiert. Webadresse http://www.copyright.com.au/ und
http://www.viscopy.com/pdfdocuments/COC.pdf
Der Code wird alle 3 Jahre überprüft und evaluiert – die Ergebnisse werden transparent öffentlich gemacht. Ein Nachteil ist, dass die Einhaltung des Codes freiwillig und unverbindlich ist, und dass die Code-Kontrollorgane nicht unabhängig von den sammelnden Gesellschaften agieren, sondern von ihnen bezahlt werden.

Die IFLA ist im Falle der Gründung von nationalen RROs oder der Mitarbeit von Bibliotheken nicht Supervisor und Kontrollorgan, sondern untersteht den nationalen Kommittees und der jeweiligen Gesetzgebung.
IFLA kann aber Informationen liefern, Erfahrungen weiter geben und informelle Unterstützung geben, damit alle Beteiligten zu einem Standpunkt der Übereinstimmung gelangen.