Wir sind alle Medieninhaber!
Mediengesetz Novelle ab 1.7.2005 *)
(* Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz) geändert wird - 784 d.B. (XXII. GP)
Die Novelle zum Mediengesetz, am 12.5. von allen Parteien einstimmig beschlossen, trat am 1. Juli 05 in Kraft. Wir erfahren daraus, dass Emails, Diskussionsforen-Beiträge und Homepages Medien sind – wir also alle Medieninhaber sind und damit verantwortlich und haftbar für unsere Erzeugnisse – sofern sie geeignet sind „die öffentliche Meinung zu beeinflussen“.
- Wobei aber Produktwerbung ausgenommen ist – Werbung ist Werbung und beeinflusst nicht die öffentliche Meinung (...?)
Es gibt nun eine Impressums- und Offenlegungspflicht für periodisch erscheinende elektronische Medien, bzw. für kommerzielle Websites. Auf welche Weise „periodisch erscheinend“ interpretiert werden kann, welche Nuancen zwischen Offenlegung und Impressum-Angabe bestehen, ist sicher nicht ganz leicht herauszufinden. Wie weit die Verantwortung für rechtswidrige Einträge in Foren oder die journalistische Sorgfaltspflicht bei Schüler-Homepages geht, ist noch lange nicht klar.
Dass es – je nach Interpretation der Begriffe – saftige Strafen setzen kann, im Falle von Verleumdung, übler Nachrede, Beschimpfung bis zu 100.000 €, im Falle von Verletzung der Impressums- bzw. Offenlegungspflicht bis zu 2.180 € (täglich?)
(Quelle: WCM 234, Juni 2005)
„Endlich ein zeitgemäßes Mediengesetz“ (Karin Hakl, ÖVP)
„Noch nicht ausjudiziert...“ (Franz Schmidbauer, Jurist, [1] (http://www.internet4jurists.at) )
Worüber sich kritische Juristen einig sind ist die Tatsache, dass der Gesetzestext in manchen Bereichen sehr unklar ist und nicht unterscheidet zwischen Websites, Newsforen, FTP-Servern, P2P-Netzen [2] (http://p2p.at-web.de/). Für wen gilt das Gesetz? Für alle ÖsterreicherInnen, egal in welcher Domain ihre Website zu Hause ist? Oder nur für NutzerInnen österreichischer Domains und Kunden österreichischer Provider, unabhängig von Staatsbürgerschaft und Wohnort?
Im Netz herumschnüffeln?
Und wie werden Sünder gegen das neue Mediengesetz gefunden? Wird von Staats wegen Spyware installiert, die ständig das Netz nach österreichischen Websites oder österreichischen Foren-TeilnehmerInnenn durchsucht und wie? Oder wird nach Begriffen gefahndet, die wenn sie auf österreichischen Websites, Mails oder Kommentaren vorkommen, auf widerrechtliche und anonyme Beeinflussung der öffentlichen Meinung hinweisen, wie z. B. die Worte: Streik, Coup, Demonstration, … ?
Berichte über Zensur in China, Tunesien, Iran, Zimbabwe zeigen, dass diese Regierungen die nötige Spyware bei amerikanischen Firmen kaufen können, oder so wie es China vorzieht – sie selbst nach eigenen Bedürfnissen entwickeln und Regierungen, mit denen gute Beziehungen bestehen, so wie beispielsweise Zimbabwe, damit beliefern ...
Es ist nicht ganz einfach, das chaotische, unstrukturierte, sich nach allen Richtungen unhierarchisch erstreckende Netz zu kontrollieren und zu regulieren, aber in manchen Ländern, die die Freiheit der Meinung und ihres Ausdrucks nicht gerade an erster Stelle in ihrer Verfassung stehen haben, und die wahrscheinlich berechtigt Angst vor kritischen Stimmen und einem gewissen Einfluss von unkontrolliert geäußerten Meinungen auf ihre Öffentlichkeit haben, hat die Frage der Kontrolle und der „Sicherheit“ des Internets Priorität. Dafür gibt es dann doch Ressourcen an finanziellen Mitteln, Arbeitskräfteeinsatz und Zeit – auch wenn die Regierungen dieser Länder sonst gewiss noch andere, ev. größere Sorgen haben (sollten).
Aber zurück zur Frage: wie findet man Sünder gegen das Mediengesetz?
Vielleicht ist man ja auch auf Hinweise und Anzeigen angewiesen.
Vielleicht aber soll einfach nur einmal ein Anfang gesetzt werden, der Beginn des Ordnens eines anscheinend ungeordneten, anscheinend anarchischen Raums. Ein Ort, der bis jetzt noch für jeden zugänglich ist, und wo noch jeder seinen Vorlieben folgen kann und seine Zeit verbringen kann, ohne unbedingt nur konsumieren und für jeden Schritt zahlen zu müssen. Wer möchte, kann in Foren und Plattformen verschiedene Identitäten ausprobieren oder er kann er selbst sein und gehört und gesehen werden, wie sonst nirgends. Er kann sich sein eigenes kleines Schaufenster bauen, seine Homepage und Selbstpräsentation oder er kann sich mit mit Gleichgesinnten austauschen, streiten, schimpfen, erfinden, ausprobieren, lügen, behaupten, sich informieren und seinen Beitrag zum Wissen der Welt leisten ...
Ist nur zu hoffen, dass die möglicherweise geplante österreichische Art des Be-Schrebergärtnerns des Netzes nicht funktionieren wird.
Zum Thema „Beeinflussung der öffentlichen Meinung“ noch ein kleiner Ausschnitt aus einem interessanten Buch:
Eva Kumar (veröffentlicht 05/07 auf: WSIS-aktiv-Wiki)
(* Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz) geändert wird - 784 d.B. (XXII. GP)
Die Novelle zum Mediengesetz, am 12.5. von allen Parteien einstimmig beschlossen, trat am 1. Juli 05 in Kraft. Wir erfahren daraus, dass Emails, Diskussionsforen-Beiträge und Homepages Medien sind – wir also alle Medieninhaber sind und damit verantwortlich und haftbar für unsere Erzeugnisse – sofern sie geeignet sind „die öffentliche Meinung zu beeinflussen“.
- Wobei aber Produktwerbung ausgenommen ist – Werbung ist Werbung und beeinflusst nicht die öffentliche Meinung (...?)
Es gibt nun eine Impressums- und Offenlegungspflicht für periodisch erscheinende elektronische Medien, bzw. für kommerzielle Websites. Auf welche Weise „periodisch erscheinend“ interpretiert werden kann, welche Nuancen zwischen Offenlegung und Impressum-Angabe bestehen, ist sicher nicht ganz leicht herauszufinden. Wie weit die Verantwortung für rechtswidrige Einträge in Foren oder die journalistische Sorgfaltspflicht bei Schüler-Homepages geht, ist noch lange nicht klar.
Dass es – je nach Interpretation der Begriffe – saftige Strafen setzen kann, im Falle von Verleumdung, übler Nachrede, Beschimpfung bis zu 100.000 €, im Falle von Verletzung der Impressums- bzw. Offenlegungspflicht bis zu 2.180 € (täglich?)
(Quelle: WCM 234, Juni 2005)
„Endlich ein zeitgemäßes Mediengesetz“ (Karin Hakl, ÖVP)
„Noch nicht ausjudiziert...“ (Franz Schmidbauer, Jurist, [1] (http://www.internet4jurists.at) )
Worüber sich kritische Juristen einig sind ist die Tatsache, dass der Gesetzestext in manchen Bereichen sehr unklar ist und nicht unterscheidet zwischen Websites, Newsforen, FTP-Servern, P2P-Netzen [2] (http://p2p.at-web.de/). Für wen gilt das Gesetz? Für alle ÖsterreicherInnen, egal in welcher Domain ihre Website zu Hause ist? Oder nur für NutzerInnen österreichischer Domains und Kunden österreichischer Provider, unabhängig von Staatsbürgerschaft und Wohnort?
Im Netz herumschnüffeln?
Und wie werden Sünder gegen das neue Mediengesetz gefunden? Wird von Staats wegen Spyware installiert, die ständig das Netz nach österreichischen Websites oder österreichischen Foren-TeilnehmerInnenn durchsucht und wie? Oder wird nach Begriffen gefahndet, die wenn sie auf österreichischen Websites, Mails oder Kommentaren vorkommen, auf widerrechtliche und anonyme Beeinflussung der öffentlichen Meinung hinweisen, wie z. B. die Worte: Streik, Coup, Demonstration, … ?
Berichte über Zensur in China, Tunesien, Iran, Zimbabwe zeigen, dass diese Regierungen die nötige Spyware bei amerikanischen Firmen kaufen können, oder so wie es China vorzieht – sie selbst nach eigenen Bedürfnissen entwickeln und Regierungen, mit denen gute Beziehungen bestehen, so wie beispielsweise Zimbabwe, damit beliefern ...
Es ist nicht ganz einfach, das chaotische, unstrukturierte, sich nach allen Richtungen unhierarchisch erstreckende Netz zu kontrollieren und zu regulieren, aber in manchen Ländern, die die Freiheit der Meinung und ihres Ausdrucks nicht gerade an erster Stelle in ihrer Verfassung stehen haben, und die wahrscheinlich berechtigt Angst vor kritischen Stimmen und einem gewissen Einfluss von unkontrolliert geäußerten Meinungen auf ihre Öffentlichkeit haben, hat die Frage der Kontrolle und der „Sicherheit“ des Internets Priorität. Dafür gibt es dann doch Ressourcen an finanziellen Mitteln, Arbeitskräfteeinsatz und Zeit – auch wenn die Regierungen dieser Länder sonst gewiss noch andere, ev. größere Sorgen haben (sollten).
Aber zurück zur Frage: wie findet man Sünder gegen das Mediengesetz?
Vielleicht ist man ja auch auf Hinweise und Anzeigen angewiesen.
Vielleicht aber soll einfach nur einmal ein Anfang gesetzt werden, der Beginn des Ordnens eines anscheinend ungeordneten, anscheinend anarchischen Raums. Ein Ort, der bis jetzt noch für jeden zugänglich ist, und wo noch jeder seinen Vorlieben folgen kann und seine Zeit verbringen kann, ohne unbedingt nur konsumieren und für jeden Schritt zahlen zu müssen. Wer möchte, kann in Foren und Plattformen verschiedene Identitäten ausprobieren oder er kann er selbst sein und gehört und gesehen werden, wie sonst nirgends. Er kann sich sein eigenes kleines Schaufenster bauen, seine Homepage und Selbstpräsentation oder er kann sich mit mit Gleichgesinnten austauschen, streiten, schimpfen, erfinden, ausprobieren, lügen, behaupten, sich informieren und seinen Beitrag zum Wissen der Welt leisten ...
Ist nur zu hoffen, dass die möglicherweise geplante österreichische Art des Be-Schrebergärtnerns des Netzes nicht funktionieren wird.
Zum Thema „Beeinflussung der öffentlichen Meinung“ noch ein kleiner Ausschnitt aus einem interessanten Buch:
... unser Herr ging von der Annahme aus, daß man den Menschen selbst die loyalste Presse nicht im Übermaß geben sollte, denn wie leicht könnte sich daraus die Gewohnheit des Lesens entwickeln. Und von da wäre es dann nur mehr ein Schritt zum gewohnheitsmäßigen Denken, und wir wissen ja alle, was für Unannehmlichkeiten, Probleme, Sorgen und Kümmernisse das mit sich bringt. Nehmen wir einmal an, etwas wird loyal geschrieben, dann aber illoyal gelesen; jemand fängt an, loyale Dinge zu lesen, verspürt aber dann Lust auf illoyale, und so folgt er dem Weg, der ihn vom Thron und vom Fortschritt wegführt, hin zu den Unruhestiftern.
(Ryszard Kapuscinski: König der Könige. Frankfurt/M.: Eichborn, 1995)
Eva Kumar (veröffentlicht 05/07 auf: WSIS-aktiv-Wiki)
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